Köditz: Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss blamiert sächsische CDU/FDP-Koalition, die Behördenversagen ignoriert

(PP-Justiz) Anlässlich der heutigen Sondersitzung des Thüringer Landtags zum Bericht des dortigen NSU-Untersuchungsausschusses erklärt Kerstin Köditz, Sprecherin für antifaschistische Politik der Fraktion DIE LINKE und Obfrau im Untersuchungsausschuss „Neonazistische Terrornetzwerke“ des Sächsischen Landtages:

Der ausführliche Bericht aus Thüringen wird von allen dortigen Fraktionen getragen und bestätigt, was in Sachsen nur die demokratische Opposition sich zu sagen traute: Die Fahndung nach Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe war ein komplettes Desaster. Das voll ausgeprägte Behördenversagen führte dazu, dass das Trio nicht frühzeitig in Chemnitz gestellt werden konnte – trotz zutreffender Hinweise auf den Aufenthaltsort in Chemnitz und mutmaßliche Unterstützer aus der sächsischen Naziszene.

Erstaunlich ist, dass sich der Thüringer Bericht nicht etwa an dem schmalen Text orientiert, den CDU- und FDP-Fraktion im Sächsischen Landtag für das Ergebnis des hiesigen Ausschusses hielten. Vielmehr wird schon in der Einleitung wortwörtlich aufgegriffen, was im Sächsischen Landtag die Fraktionen DIE LINKE, SPD und GRÜNE in ihrem Abweichenden Bericht dargelegt haben. Und anders als die Staatsregierung und die Koalitionsfraktionen in Sachsen ist sich der Thüringer Landtag einig, dass aus dem NSU-Skandal tiefgreifende Konsequenzen für die Arbeit der Sicherheitsbehörden gezogen werden müssen.

Angesichts der Detailschärfe des Thüringer Berichts haben sich in Sachsen die CDU- und FDP-Fraktion, die keine Fehler bei Behörden und auch keinen Anlass für Reformen erkennen wollen, mit ihrem Abwiegeln bis auf die Knochen blamiert.

Es sind derart viele Fragen offen geblieben und Widersprüche aufgebrochen, dass die Fraktion DIE LINKE im nächsten Sächsischen Landtag für die Einsetzung eines neuen Untersuchungsausschusses streiten wird. Ich möchte endlich wissen, warum etwa das Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen seine Suchmaßnahmen Ende 1998 für mehr als ein Jahr unterbrochen und damit den gesuchten Bombenbauern einen riesigen Vorsprung gewährt hat. Für eine bewusste Sabotage der Fahndung habe ich keine Beweise. Andererseits hat auch die Sächsische Staatsregierung wenig bis nichts getan, um solche Spekulationen zu zerstreuen, indem sie endlich die Fakten auf den Tisch packt.

Marcel Braumann
Pressesprecher
Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag
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