(PP-Justiz) Auf Initiative des Landes Brandenburg und des Freistaates Bayern wird der Bundesrat am kommenden Freitag kritisch zu einem Richtlinienvorschlag der EU-Kommission über Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter Stellung nehmen.
Die Europäische Kommission will damit kleine und mittelständische Unternehmen ermuntern, im Ausland zu investieren und Tochterunternehmen zu gründen.
Der Richtlinienentwurf sieht eine neue europäische Gesellschaftsform mit dem Namen „Societas Unius Personae“ (SUP) vor. Es handelt sich um eine Kapitalgesellschaft mit nur einem Anteilseigner. Die vorgesehene Rechtsform unterbietet allerdings sämtliche verankerten Rechtsschutz- und Transparenzstandards.
Justizminister Helmuth Markov betonte vor der Sitzung noch einmal: „Ich freue mich, dass es so viel Zustimmung aus anderen Ländern zu unserer kritischen Stellungnahme gibt. Der Richtlinienvorschlag der EU-Kommission ist unausgegoren und im Hinblick auf seinen Zweck verfehlt. Mit der neuen Gesellschaftsform der SUP würden wesentliche Schutzstandards des deutschen Gesellschaftsrechts außer Kraft gesetzt und damit Missbrauchs- und Manipulationsgefahren geschaffen, die keinesfalls hinnehmbar sind. Unredliche Gründer hätten mit dem Konstrukt der SUP ein ideales Instrument, um Gläubiger, insbesondere Verbraucher zu täuschen, möglicherweise für banden- und gewerbsmäßigen Betrug, Geldwäsche, Steuerhinterziehung und Insolvenzstraftaten. Zudem würde die Richtlinie Sozial-Dumping Tür und Tor öffnen: Die jeweiligen nationalen Vorschriften des Steuer-, Arbeits- und Mitbestimmungsrechts stünden zur Disposition.“
Hintergrund:
Der Richtlinienentwurf sieht für die neue europäische Gesellschaftsform mit nur einem Anteilseigner unter anderem vor:
– Das Mindestkapital beträgt nur einen symbolischen Euro, eine Pflicht zum Ansparen höheren Kapitals dürfen die Mitgliedstaaten nicht vorschreiben. Gleichwohl ist die Haftung auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt.
– Die SUP kann ausschließlich online gegründet werden; das Anmeldeverfahren darf nicht länger als drei Werktage dauern. Eine effektive Identitätsüberprüfung entfällt damit. Bewährte Vorschriften zum Schutz von Verbrauchern und Geschäftspartnern laufen dadurch leer.
– Die Gesellschaft unterliegt dem Recht desjenigen Mitgliedstaates, in dem sie registriert ist – obwohl ihre Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausgeübt werden kann. Der Gründer kann sich das für ihn maßgebliche Rechtssystem daher beliebig aussuchen.
Dabei soll es für die Gründung nicht erforderlich sein, mit der SUP international tätig werden zu wollen. Das gefährdet die bewährte Gesellschaftsform der deutschen GmbH – auch der Ein-Personen-GmbH und der Unternehmergesellschaft. Darüber hinaus würde der seriöse öffentliche Leumund der kontinentaleuropäischen Handelsregister in Frage gestellt, weil man ohne effektive Identitätsprüfung nicht mehr auf die Angaben im Register vertrauen könnte.
In den Länderkammer-Ausschüssen für EU-Angelegenheiten, für Wirtschaft, Finanzen und Recht wurde diese Kritik einstimmig bzw. von übergroßen Mehrheiten geteilt. Die auf Initiative des Landes Brandenburg und des Freistaates Bayern erarbeitete kritische Stellungnahme wird am kommenden Freitag im Bundesrat beschlossen und direkt der Europäischen Kommission zugeleitet.
Quelle: mdj.brandenburg.de